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AutorenbildDieter Pregizer

Terrassenabdichtungen brauchen ein Gefälle


Situation und Aufgabenstellung

Im Zuge der Fertigstellung der Dachterrassen auf einer Wohnanlage traten nach stärkeren Regenfällen großflächige Wasserstände auf der Terrassenabdichtung mit einer Wasserstauhöhe bis zu 2 cm festgestellt. Aus diesem Grunde wurde ich vom Wohnungsbesitzer mit der Untersuchung und Beurteilung des Zustands der zu Ihrer Wohnung gehörenden Dachterrasse beauftragt.


Befunde am Objekt

An der betroffenen Dachterrasse habe ich einen Ortstermin während einer Regenperiode durchgeführt. Hierzu habe ich die Dachterrasse der Wohnung begangen und augenscheinlich untersucht. Der Terrassenbelag war zum Zeitpunkt des Ortstermins noch nicht aufgebracht gewesen, so dass die gesamte Oberfläche der Abdichtung einsehbar war. Als Abdichtung hatte man Bitumenbahnen verwendet. Beim Ortstermin war zu erkennen, dass nach den vorangegangenen Regenfällen großflächig Wasser auf der Oberseite der Abdichtung stehen blieb und nicht abgeführt werden konnte. Undichtigkeiten oder Wassereintritte in das Gebäude lagen beim Ortstermin nicht vor.


Beurteilung

Stehendes Wasser auf der Abdichtung einer Dachterrasse

Im vorliegenden Fall wurde eine Dachterrasse einer Penthauswohnung als sogenanntes Null-Grad-Dach erstellt, das heißt, es lag kein Gefälle der Abdichtung vor.

Aufgrund des fehlenden Gefälles bildete sich nach Regenfällen eine geschlossene Wasserfläche mit einer von mir gemessenen Höhe des Wasserstands bis zu 2 cm. Gemäß den Flachdachrichtlinien ist bei Flachdächern und auch Dachterrassen eine „Pfützenbildung“ auf der Abdichtung zulässig. Im vorliegenden Fall handelte es sich aber nicht mehr um eine Pfützenbildung, sondern um eine geschlossene Wasserfläche mit einer Wasseranstauhöhe von 2 cm. Diese Wasserfläche konnte nicht entwässert werden, da die Dachentwässerung an der Attika höher lag als die Oberkante der Wasserfläche. Somit konnte das Wasser ausschließlich durch Verdunstung von der Dachfläche abgeführt werden. Eine solche geschlossene Wasserfläche auf Dachterrassen entspricht nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Der allgemeine Grundsatz „Wasser weg vom Bau“ wird im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Bei stehendem Wasser auf der Dachfläche muss mit folgenden Risiken gerechnet werden:


• Im Winter kann Eisbildung auftreten. Dieses Eis stellt für die Abdichtung, insbesondere für die Überlappungen und Anschlüsse, eine erhöhte Belastung dar. Das Eis wirkt sich „kerbend“ auf die Dachabdichtung aus, wodurch im Laufe der Zeit Undichtigkeiten entstehen können.


• Aufgrund des fehlenden Gefälles und der fehlenden Wasserabführung muss im Laufe der Zeit mit einer „Verschlammung“ der stehenden Wasserfläche gerechnet werden. Zunächst bildet sich ein Mix aus biochemischen Abfallprodukten, zum Beispiel aus Laub, Staub und anderen organischen Stoffen. In der Folge wird dadurch der biologische und chemische Abbau der bituminösen Abdichtung beschleunigt. Insbesondere an den Pfützenrändern kann es hierdurch zu intensiven Beanspruchung kommen.


• Es bilden sich Nass-Trockenzonen im Sommer, welche an den Grenzflächen zu einer erhöhten Belastung der Abdichtung führen. Die thermischen Spannungen an den Übergangszonen zwischen nass und trocken stellen eine erhöhte Belastung der Abdichtung dar.


• Bei Kunststoffdachbahnen muss mit Rotalgenbildung gerechnet werden, welche die Abdichtung angreifen und im schlimmsten Fall zerstören kann.


Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Alterungsverhalten der Dachabdichtung aufgrund des stehenden Wassers und der dadurch ausgelösten Belastungen deutlich verschlechtert wird. Die oben beschriebenen Vorgänge können zu einer deutlichen Reduzierung der Lebensdauer der Abdichtung führen. Außerdem muss im Falle einer Undichtheit damit gerechnet werden, dass aufgrund der Wasseranstauhöhe eine große Wassermenge in die Deckenkonstruktion eindringt und so ein größeres Schadenspotential besteht als bei einer Abdichtung im Gefälle.


Entwässerung der Dachterrasse

In Bezug auf die Fläche der Dachterrasse waren die Unterkanten der am Dachrand angebrachten Entwässerungsrohre so hergestellt worden, dass sie etwa 2 cm über der Abdichtungsoberfläche liegen. Dies bedeutet, dass keine vollständige Entwässerung der Dachfläche möglich ist. Nach jedem Regen tritt deshalb eine stehende Wasserfläche mit einer Mindestanstauhöhe von 2 cm auf. Dieses Wasser kann nicht abfließen, es ist lediglich eine Entwässerung durch Verdunstung möglich. Dies ist nicht fachgerecht.


Welches Gefälle ist notwendig?

Gefälle nach den Flachdachrichtlinien

Entsprechend den Flachdachrichtlinien ist ein Abdichtungsgefälle von mindestens 2 % auf Balkonen/Terrassen erforderlich. Hiervon darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Solche Ausnahmefälle sind zum Beispiel:


• eine reduzierte Anschlusshöhen an Türen • konstruktiv vorgegebene Lage der Entwässerungseinrichtungen, die eine Gefällegebung nicht ermöglichen • Bestandsgebäude … • Intensivbegrünung … • baurechtliche Anforderungen …


Weiter ist hinsichtlich Pfützenbildungen in den Flachdachrichtlinien folgendes aufgeführt:


Pfützenbildungen können vorkommen und sind zulässig.

Die betroffene Dachterrasse wies insgesamt kein Abdichtungsgefälle auf. Dies bedeutet, dass das anfallende Niederschlagswasser über ein hydraulisches Gefälle zu den Terrassenabläufen abgeleitet werden muss. Hierzu ist es aber notwendig, dass die Entwässerungseinrichtung maximal bündig mit der Oberkante der Abdichtung, besser sogar etwas tiefer sitzt und nicht höher als die Abdichtungsoberkante liegt.

Während Regenfällen oder auch durch Schmelzwasser im Winter wird sich auf der Dachterrasse das Wasser zeitweise aufstauen, so dass dann ein natürliches hydraulisches Gefälle zu den Dachabläufen entsteht. Hierdurch wird das anfallende Niederschlagswasser abgeführt und die Terrassenfläche dadurch entwässert. Das hydraulische Gefälle wird vergleichbar auch bei der Bemessung von gefällelosen Dachrinnen nach DIN EN 12056, Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden, verwendet. Die Funktion der Entwässerung ist in diesem Fall von der Anzahl und Lage der Dachabläufe sowie von der Länge der Entwässerungswege abhängig.

Auch bei einem Dachgefälle von 2 % ist in der Zeit nach Regenfällen mit Pfützenbildungen zu rechnen. Solche Pfützenbildungen sind nach den Flachdachrichtlinien auch zulässig. Unregelmäßigkeiten, Überlappungen der Abdichtungsbahnen und Ebenheitstoleranzen führen erfahrungsgemäß zu lokalen, begrenzten Pfützenbildungen. Diese Pfützen trocknen dann aber je nach Witterungsbedingungen im Laufe der Zeit durch Verdunstung wieder aus. Solche geringe Pfützenbildungen sind zulässig und entsprechen auf Dach- und Terrassenflächen den anerkannten Regeln der Technik.


Stellungnahme: Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen Neubau. Es lagen keine besonderen räumlichen oder geometrischen Einschränkungen vor, welche die Planung eines Abdichtungsgefälles kompliziert hätten. Weiter bestanden keine begründeten Ausnahmefälle, die eine Abweichung von der Anforderung nach den Flachdachrichtlinien hinsichtlich der Planung und Ausführung eines zweiprozentigen Abdichtungsgefälles auf den Terrassen begründen würden.

Der bei den untersuchten Dachterrasse vorliegende Wasseranstau mit einer Höhe bis zu 2 cm stellt keine lokale Pfützenbildung mehr dar, sondern geht weit darüber hinaus. Außerdem kann das anfallende Regenwasser durch die etwas erhöht liegenden Abläufe nicht vollständig abgeführt werden kann. Dies ist nicht fachgerecht und entspricht nicht den anerkannten Regeln der Technik.


Gefälle nach DIN 18531-1, Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen

Auch in „DIN 18531-1, Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen - Teil 1: Nicht genutzte und genutzte Dächer - Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze“, wird ein Gefälle gefordert. Dort heißt es:

Die Abdichtung sollte, außer bei intensiv begrünten Dächern mit Anstaubewässerung, so geplant und ausgeführt werden, dass Niederschlagswasser nicht langanhaltend auf der Abdichtungsschicht stehen kann. Dazu sollte ein Mindestgefälle von 2 % geplant werden.

Dächer der Anwendungsklasse K1 können aber nach DIN 18531 auch ohne Gefälle geplant werden, wenn die Auswahl der Abdichtung die Anforderungen der Anwendungsklasse K 2 erfüllt.

Hinsichtlich den Anwendungsklassen K1 und K2 wird folgendes aufgeführt:


Anwendungsklasse K1 (Standardausführung)

Anwendungsklasse K1 entspricht den Mindestanforderungen.


Anwendungsklasse K2 (höherwertige Ausführung)

Die Abdichtung muss die Anforderungen der Anwendungsklasse K2 erfüllen. Bei K2 sind eine erhöhte Zuverlässigkeit, eine längere Nutzungsdauer und/oder ein geringerer Instandhaltungsaufwand zu erwarten.


Stellungnahme: Im Gegensatz zu den Flachdachrichtlinien ist auf der Grundlage der DIN 18531 prinzipiell auch die Ausführung einer gefällelosen Terrassenabdichtung zulässig.

Hierbei handelt es sich aber um die Standardausführung nach der Anwendungsklasse K1 und nicht um eine höherwertige Ausführung nach der Anwendungsklasse K2. Es muss im vorliegenden Fall deshalb im Vergleich zur höherwertigeren Ausführung der Anwendungsklasse K2 mit einer


• deutlich geringeren Nutzungsdauer und einem • höheren Instandhaltungsaufwand


gerechnet werden.

Außerdem wird die explizite Anforderung der DIN 18531, nämlich dass das Niederschlagswasser nicht langanhaltend auf der Abdichtungsschicht stehen bleiben darf, nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall verbleibt nach Regenfällen eine dauerhaft stehende Wasserfläche auf der Terrassen- und Dachabdichtung mit einem Wasserstand von etwa 2 cm. Insbesondere kann das Wasser auch durch die etwas erhöht liegenden Dachabläufe auch nicht vollständig abgeführt werden. Dies ist ein baulicher Fehler.

Aus den oben diskutierten Gründen war die vorliegende Konstruktion der Dachterrasse nicht fachgerecht erstellt worden und entsprach somit nicht den anerkannten Regeln der Technik.

Es wäre die Herstellung einer Abdichtung im Gefälle notwendig gewesen um dem Grundsatz „Wasser weg vom Bau“ zu erfüllen. Das Gefälle hätte mindestens 2 % betragen müssen.

Generell ist es empfehlenswert, die Art der Abdichtungsklasse vorab vertraglich festzulegen.

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