Schaden am Außenputz eines Wärmedämm-Verbundsystems
Situation:
An einem Gebäude war das außenliegende Wärmedämm-Verbundsystem beschädigt. Hierdurch musste mit einer Durchfeuchtung der Wand gerechnet werden, so dass als Folge mit Schimmelpilzbildungen gerechnet werden musste. Zwischen dem Schadensverursacher und dem Gebäudebesitzer war strittig, wie die Instandsetzung erfolgen sollte. Aus diesem Grunde wurde ein Gutachter eingeschaltet, um den Schaden zu untersuchen und die Instandsetzungsmöglichkeiten zu beurteilen. Bei einem Ortstermin wurde die betroffene Nordfassade des Gebäudes augenscheinlich vom umgebenden Gelände aus untersucht und fotografisch dokumentiert.

Befunde
Bei der augenscheinlichen Untersuchung des Gebäudes war zu erkennen, dass an der Nordfassade im Bereich des Erdgeschosses unterhalb des Fensters eine Beschädigung des Wärmedämm-Verbundsystems vorhanden war.
Die Schadensstelle wies eine Fläche von etwa 0,6 m x 0,6 m auf.


Im Bereich der Schadensstelle lagen folgende Befunde vor:
Der Oberputz sowie der Unterputz waren lokal zerstört und fehlten.
Das Armierungsgewebe war zerstört und fehlte im Schadensbereich.
Die Wärmedämmung lag im Bereich der Schadensstelle frei.
An der Außenseite der Wärmedämmung waren lokale Vertiefungen vorhanden, das heißt, die Wärmedämmung war dort durch Eindrücken beschädigt.
Weiter war zu erkennen, dass der Außenputz eine Kratzstruktur aufwies.

Die Putzdicke im Bereich der Schadensstelle habe ich mit Hilfe eines Messschiebers ermittelt. Hierbei ergaben sich folgende Werte:
• Oberputzdicke: 3 mm
• Unterputzdicke: 3 bis 4 mm
Außerdem zeigte sich, dass der Außenputz im Sockelbereich geringe Verschmutzungen am Anschluss an die Schotterlage aufwies.
Instandsetzungsmöglichkeiten 1: Lokale Instandsetzung
Auf der Grundlage der im WTA-Merkblatt 2-13 zusammengestellten Angaben ist es prinzipiell möglich, den vorliegenden Schaden durch eine lokale Ausbesserung instand zu setzen. Bei dieser Art der Reparatur werden die Wärmedämmung, der Unterputz sowie der Oberputz im beschädigten Bereich ersetzt. Zusätzlich wird ein vollflächiger Anstrich aufgebracht. Hierbei sind folgende Maßnahmen notwendig:
Den schadhaften Bereich einschließlich Dämmstoff sauber begrenzt einschneiden und heraustrennen.
Den vorhandenen Ober- und Unterputz neben der Schnittkante ringsum ca. 5 cm bis zur Gewebelage entfernen.
Den vorhandenen Oberputz zusätzlich ringsum ca. 5 cm vom Unterputz abschaben.
Ein passgenau zugeschnittenes Stück Dämmstoff „plombenartig" einkleben und ggf. dübeln.
Neuen Unterputz mit entsprechender Gewebeüberlappung aufbringen.
Neuen Oberputz aufziehen, angepasst in Körnung und Struktur.
In dem Abschnitt 5.1.2 des WTA-Merkblatts 2-13 wird außerdem beschrieben, dass die Übergangsstellen zwischen dem ausgebesserten Bereich des Wärmedämm-Verbundsystems und dem bestehenden Putzbereich sichtbar bleiben können.
Auch in VOB Teil C, DIN 18350, Putz- und Stuckarbeiten, Ausgabe 2016, wird auf solche sichtbare Übergänge hingewiesen:
„3.2.5
…
Bei teilflächigen Putzausbesserungen können Übergänge sichtbar bleiben.“
Zur Verminderung der Sichtbarkeit des ausgebesserten Putzbereichs wird deshalb im WTA-Merkblatt 2-13 folgende Zusatzmaßnahme empfohlen:
Empfehlenswert ist nachfolgend eine ganzflächige Beschichtung gemäß 5.1.1.1, um die ReparatursteIlen farblich anzugleichen.
Auch nach dem Auftrag eines ganzflächigen Anstriches an der Nordfassade muss noch mit einer Sichtbarkeit des ausgebesserten Bereichs aufgrund der lokal veränderten neuen Putzstruktur gerechnet werden. Inwiefern es sich hierbei aber um einen Mangel im rechtlichen Sinn handelt, stellt eine Rechtsfrage dar. Betrachtet man den Sachverhalt aus technischer Sicht, dann kann für eine Beurteilung die vom Aachener Institut für Bauforschung entwickelte Matrix zugrunde gelegt werden.

Da der Eingangsbereich an der Nordseite liegt, habe ich die Nordfassade hinsichtlich des Gewichts des optischen Erscheinungsbildes als „wichtig“ eingestuft. Wie oben beschrieben, hängt die Beurteilung des optischen Erscheinungsbildes davon ab, wie die Reparaturstelle nach Fertigstellung der Reparaturmaßnahmen sichtbar ist. Die Putzunterschiede sind wiederum vor allem von der Art der handwerklichen Ausführung abhängig. Hierbei handelt es sich um einen Grenzbereich, ob die Übergänge später noch
„sichtbar“
oder
„kaum erkennbar“
sind. Die Art der Sichtbarkeit kann im Voraus nicht zuverlässig beurteilt werden. Erfahrungsgemäß verbleibt jedoch ein sichtbarer Unterschied in der Putzstruktur zwischen der Reparaturstelle und den Anschlussbereichen. Entsprechend der Einstufung nach der oben aufgeführten Matrix des AIBau wäre das optische Erscheinungsbild dann als „nicht hinnehmbar“ einzustufen, wenn der mögliche Grad der verbleibenden optischen Beeinträchtigung als „sichtbar“ bezeichnet werden müsste. Sofern eine optische Beeinträchtigung „kaum erkennbar“ wäre, wäre das optische Erscheinungsbild als „hinnehmbar“ einzustufen.
Zusammenfassende Stellungnahme zur lokalen Ausbesserung: Prinzipiell ist eine lokale Ausbesserung einer beschädigten Stelle an einem Wärmedämm-Verbundsystem möglich und auch zulässig. Es muss bei dieser Maßnahme aber damit gerechnet werden, dass die Übergänge zwischen dem ausgebesserten Schadensbereich und dem daran angrenzenden bestehenden Putzbereich anhand einer unterschiedlichen Putzstruktur sichtbar bleiben. Zur farblichen Angleichung des ausgebesserten Bereichs wird empfohlen, dass zusammenhängende Fassadenbereiche, im vorliegenden Fall also die Nordfassade insgesamt, jeweils einen ganzflächigen Anstrich erhalten. Da ein Anstrich jedoch nur Farbunterschiede an der Putzfassade aber keine Strukturunterschiede beseitigen kann, kann auch danach noch ein sichtbarer Übergang verbleiben. Inwiefern es sich hierbei aber um einen Mangel im rechtlichen Sinn handelt, stellt eine Rechtsfrage und keine Sachverständigenfrage dar.
Instandsetzungsmöglichkeit 2: Ganzflächige Instandsetzung
Auf der Grundlage der im WTA-Merkblatt 2-13 zusammengestellten Angaben ist es prinzipiell auch möglich, den vorliegenden Schaden am Wärmedämm-Verbundsystem durch eine ganzflächige putztechnische Überarbeitung der Nordfassade zu beseitigen. Bei dieser Art der Instandsetzung wird die Wärmedämmung lokal ersetzt, der Unterputz sowie der Oberputz werden jedoch ganzflächig überarbeitet. Hierbei sind folgende Maßnahmen notwendig:
Schadensbereich:
Den schadhaften Bereich einschließlich Dämmstoff sauber begrenzt einschneiden und heraustrennen.
Den vorhandenen Ober- und Unterputz neben der Schnittkante ringsum ca. 5 cm bis zur Gewebelage entfernen.
Den vorhandenen Oberputz zusätzlich ringsum ca. 5 cm vom Unterputz abschaben.
Ein passgenau zugeschnittenes Stück Dämmstoff „plombenartig“ einkleben und ggf. dübeln.
Gesamte Nordfassade:
Neuen Unterputz mit entsprechender Gewebeüberlappung aufbringen.
Voraussetzungen einer putztechnischen Überarbeitung sind eine trockene, tragfähige Wand und ein trockenes, standsicheres Altsystem mit angeklebten oder angeklebten und angedübelten Dämmstoffen aus Polystyrol oder Mineralwolle.
Die zur Überarbeitung verwendeten Putze müssen für die Verwendung in einem Wärmedämm-Verbundsystem allgemein bauaufsichtlich zugelassen sein.
Die Verträglichkeit des neuen Putzsystems mit dem vorhandenen Putz muss gegeben sein.
Die Haftung des neuen Putzes auf dem vorhandenen Putz muss den heute geforderten Werten eines Neusystems entsprechen.
Die Festigkeit/Steifigkeit des neuen Putzes muss auf den alten Putz abgestimmt sein.
Die Wasseraufnahme des neuen Putzes darf 1 kg/(m2 * 24h) nicht überschreiten.
Die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke des neu aufgetragenen Putzsystems bzw. Putzes darf bei Polystyrol-Dämmstoffen den Wert von Sd = 1 m nicht überschreiten.
Das Gesamtgewicht des Putzsystems (alt + neu) darf 30 kg/m2 nicht überschreiten.
Die vorhandenen/neuen Anschlüsse müssen funktionstauglich sein.
Gegebenenfalls Aufbringen eines zusätzlichen Anstriches.
Zusammenfassende Stellungnahme zur ganzflächigen putztechnischen Überarbeitung: Prinzipiell ist eine lokale Ausbesserung der beschädigten Stelle des Wärmedämm-Verbundsystems in Kombination mit einer ganzflächigen putztechnischen Überarbeitung möglich und auch zulässig. Es müssen bei dieser Maßnahme die Anforderungen und Vorgaben des WTA-Merkblatts 2-13 beachtet werden. Bei dieser Maßnahme entsteht ein gleichmäßiges optisches Erscheinungsbild der gesamten Nordfassade. Die reparierte Stelle des Wärmedämm-Verbundsystems ist bei diesem Instandsetzungskonzept nach der Fertigstellung nicht mehr sichtbar.
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